Fritz Pölking

Ein einfaches Motiv..

Mitte April 2000 hatte der Helmspecht Junge in seiner Höhle - etwa acht Meter hoch in einer Australischen Kiefer. Diese stand ziemlich direkt neben einer Straße auf der Insel Sanibel in Südwest-Florida. Also konnte ich Fotos nur von der anderen Straßenseite aus machen, und von dort zeigte die Entfernungseinstellung am Objektiv exakt 20 Meter an.

Die beiden Altvögel waren überhaupt nicht scheu, daß Licht war konstant gut - eben das übliche Floridalicht - und es gab eigentlich überhaupt keine Probleme. Die Altvögel fütterten so ein- bis zweimal pro Stunde und ließen sich dabei recht einfach fotografieren.

Allerdings hatten die Spechte ein Problem: Irgendwo in der Nähe mußte wohl der Rotschulterbussard sein Nest haben, denn dem gefiel die Anwesenheit der schwarzen Spechte überhaupt nicht. Mehrmals am Tag jagte er sie ausdauernd durch den Wald und war oft nur einen Meter hinter dem Helmspecht in der Luft, bis der einen Haken zwischen den Bäumen schlug oder sich einige Meter in der Luft fallen ließ, um so dem Greifvogel zu entkommen. Ich hatte große Sorge, daß der schnelle und gewandte Bussard doch einmal einen der beiden Altvögel erwischen würde. Die beiden kleineren Carolinaspechte, die im gleichen Baum eine Höhle bauten, griff er überhaupt nicht an.

Der Helmspecht ist heute der einzige Schwarzspecht in Nordamerika, nachdem der Elfenbein-Schwarzspecht - von dem man um 1960 zuletzt ein Exemplar gesehen hat - in den USA als ausgestorben gilt. Wenn man den Helmspecht mit unserem europäischen Schwarzspecht vergleicht, kann man unschwer die gemeinsamen Vorfahren erkennen. Vielleicht war es früher eine Art, als noch die Landbrücke zwischen Amerika und Europa existierte und diese Art hat sich in zwei entwickelt, als nach dem auseinanderdriften der beide Kontinente ein Austausch nicht mehr möglich war.

Nikon F5, 4.0/600 mm mit 1,4x Konverter,
SB-24 Blitz mit Televorsatz FX-1 und Nikon Blitzfolgezeitverkürzer SB-6
auf dem Burzynski-Blitzhalter,
Burzynski-Hochfomatwinkel, 2 Stative, Fujichrome Provia.

Mein Kamerastandpunkt hier beim amerikanischen Schwarzspechten war - von der Entfernung her - durch die Straße vorgeschrieben. Lediglich den seitlichen Winkel zur Höhle konnte ich bestimmen. Dabei wählte ich meinen Standpunkt so, daß man die typische Hufeisenform der Schwarzspechthöhle noch erkennen konnte. Weiter nach rechts wäre der Specht zwar freier vor dem Hintergrund zu sehen gewesen, aber die Höhle nicht mehr so überzeugend.

Dann versuchte ich die beste Brennweite zu finden: 600 mm war etwas kurz und zeigte zu viel Umfeld. Mit dem Zweifachkonverter und 1.200 mm Brennweite war der Specht formatfüllend im Bild, was mir aber auch nicht gefiel, weil dabei außer dem Specht nichts zu sehen war und das Bild recht langweilig aussah. Dieser Ausschnitt wäre nur gut, wenn man ein Foto für einen Feldführer machen wollte, wo es nicht auf einen ästhetischen und überzeugenden Gesamteindruck ankommt, sondern nur darauf, ein Tier möglichst groß und genau zu zeigen.

Schließlich wählte ich 840 mm als Brennweite, also 600 mm mit 1.4x Konverter. Jetzt war der Specht groß genug, und trotzdem sah man noch genug Umfeld und Hintergrund, um ein ausgewogenes Bild zu erhalten. Mit 700 mm, also 500 mm mit 1.4x Konverter, wäre es aber sicher ebenso gut geworden,

Standpunkt und Brennweite waren also jetzt festgelegt, aber wie war es mit der Lichtführung? Die Sonne stand hier den ganzen Tag über ziemlich steil, und es gab keinen Zeitpunkt mit idealem Licht für einen schönen Lichtpunkt im Auge. Also setzte ich den SB-24 Nikon-Elektronenblitz auf die Kamera, stellte den Blitzwinkel auf 85 mm, die Blitzstärke auf -1.7 Blenden Unterbelichtung, und machte den FX-1 Televorsatz vor den Elektronenblitz, der den Winkel eines 300 mm Objektives ausleuchtet und die Blitzreichweite um etwa 2 Blendenstufen verlängert. Dann stellte ich noch den Auslösezeitpunkt des Blitzes auf den zweiten Verschlußvorhang ein, damit der 'Lichtpunkt-ins-Auge-Aufhellblitz' die eigentliche Belichtungszeit nicht sehr beeinflussen konnte.

Wenn man einen Blitz in der Tierfotografie benutzt, stellt sich gleich die Frage der rot-glühenden Augen. Sie gibt es nicht immer, sie sind abhängig von der Tierart, der Tageszeit und den Lichtverhältnissen, Bei Eulen hat man sie ganz leicht, ebenso bei Katzen oder Reihern. Bei anderen Arten vielleicht oder auch vielleicht nicht. Man kann es nie genau vorhersagen. Daher ist auch hier 'Vorsicht die Mutter der Porzellankiste'. Also sollte man immer vorbeugen wenn es geht. Es geht immer, wenn ausreichend Zeit ist. Hier war alle Zeit der Welt. Es gibt ein simples Mittel gegen rote Augen: Den Blitz so weit wie möglich von der Kamera entfernen. Naturfotozubehör Burzynski liefert hierzu eine Halterung, die den Blitz auch bei langen Telebrennweiten ausreichend weit von der optischen Achse entfernt, und die setzte ich zur Vorsicht hier auch ein.

Man sollte ein Teleobjektiv immer mindestens eine Stufe abblenden, wenn es eben möglich ist. Kein Teleobjektiv erreicht seine besten optischen Leistungen bei offener Blende. Dies gilt vor allem bei Konverterbenutzung. Außerdem bringt eine Blende auch noch etwas mehr Tiefenschärfe und dadurch komfortablere Arbeitsbedingungen. Daher stellte ich das Objektiv auf Blende 5,6 ein, was - durch den Konverter verursacht - Blende 8.0 als Arbeitsblende ergab, Da der Baumstamm oft ganz oder halb im Schatten lag, ergab dies meistens Belichtungszeiten von 1/60 oder 1/100 sek. Ein kleines Problem: 1/60 sek. ist selbst von einem soliden Stativ aus bei 840 mm Brennweite nicht leicht zu beherrschen, vor allen Dingen nicht, wenn man in den wenigen Sekunden, in denen der Specht vor der Höhle ist, und bevor er darin verschwindet, mit dem Motordrive recht viele Aufnahmen machen will. Denn die kurz hintereinander ablaufenden Spiegelschläge und Verschlussauslösungen schauckeln die Erschütterungen in einer Kamera doch gewaltig auf und sind der Bildschärfe nicht förderlich. Hier wäre sicher ein Bildstabilisator im Objektiv von großem Vorteil.

Da es den bei meinem 600er leider nicht gibt, nahm ich deswegen noch ein zweites Stativ, um die Einheit Objektiv/ Kamera hinten zusätzlich abzustützen. Das ist an sich bei Querformataufnahmen ganz leicht, aber bei Hochformat etwas schwierig. Wo will man das Stativ an der Kamera befestigen? Hier hilft sehr gut der Burzynski-Hochformatwinkel. Wenn man ihn an der Kamera befestigt, kann man dann daran bei Hochformatbildern ein Stativ unter und muß es nicht neben der Kamera anschließen, und hat so eine solide Zweipunktauflage von Objektiv und Kamera, um Schwingungen so gut wie ganz auszuschalten.

Das nächste Problem war die korrekte Belichtung: Eine Belichtungsautomatik zu nehmen schien nicht ratsam, weil beim auftauchen des Spechtes im Bild sich die Belichtungszeit jeweils um eine ganze Blende veränderte. Was erklärlich war: So wie ein weißer Eisbär die Belichtungszeit um eine Blende verkürzt, verlängert ein schwarzer Specht sie um eine Blende und das Bild wird zu hell. Also die Belichtung auf das Programm M (manuell) einstellen, aber wie? Auf den Specht gemessen würde das Bild sicher eine Blende zu hell werden, aber auf den Stamm gemessen vielleicht etwas zu dunkel, weil er mir etwas heller als der mittlere Grauwert erschien. Graukarte oder Handmesser zu nehmen war leider in dieser Situation nicht möglich. Ich schätzte also den Baumstamm auf 1/3 Blende heller ein als den mittleren Grauwert und stellte daher die Belichtung manuell auf 1/3 Blende Überbelichtung, Da es nun sehr schwer ist zu berechnen, wie sich ein schwarzer Specht mit einem -1.7 unterbelichtenden Aufhellblitz auf einem sehr hellen Baumstamm verträgt, und wo der beste Kompromiss belichtungsmäßig liegt, stellte ich zusätzlich noch die Bracketingfunktion auf +0.3 Blenden +/- 0.0 Blenden und -0.3 Blenden. Ich bekam also immer drei Bilder automatisch hintereinander: Eines richtig belichtet (nach meiner Schätzung) und je eines eine drittel Blende über und unter. Wenn also meine Schätzung nicht ganz richtig war, hatte ich trotzdem noch die Chance nach plus und minus ein auf den Punkt belichtetes Bild zu bekommen, wenn die Abweichung nicht größer sein sollte als1/3 Blendenstufe.

Was ich bedauere ist, daß man bei solchen Motiven - zur Verbesserung der Bildschärfe - keine Spiegelvorauslösung einsetzen kann, weil diese nicht nur sehr hilfreich ist bei Nahaufnahmen mit Makroobjektiven, sondern auch sehr gut bei Teleobjektiven, wenn man Belichtungszeiten nimmt unter 1/125 sek. - vor allem bei Hochformataufnahmen. Da bei Hochformataufnahmen der Spiegelschlag zur Seite geht und nicht nach oben und unten, wirkt er sich wesentlich schlimmer aus. Allerdings sind die heute angebotenen Lösungen bei der Spiegelvorauslösung nicht unbedingt optimal: Nikon bietet sie nur bei der F5 und auch nur als manuelles hochdrücken des Spiegels. Das hat den Vorteil, daß man etwa - wenn man viele Aufnahmen hintereinander macht - nur einmal den Spiegel hochdrücken muß. Nachteilig ist, daß man bei der F5 die Spiegelvorauslösung nur in Verbindung mir der manuellen Belichtungssteuerung einsetzen kann, also bei schwankenden Lichtverhältnissen immer nachkorrigieren muß. Bei Canon hat man den Vorteil, daß praktisch alle EOS-Spiegelreflexkameras (auch die billigen) eine Spiegelvorauslösung haben ( wogegen Nikon der Ansicht ist, diese steht einem nur zu, wenn man bereit ist, mindestens DM 4.ooo.- für eine F5 zu bezahlen), aber diese als Programm so eingestellt ist, das man vor jeder Aufnahme neu den Spiegel vorauslösen muß.

Bei solchen Motiven wie hier kann man leider beide nicht einsetzten. Wenn der Specht kommt, hat man oft nur Sekunden um die richtige Kopfhaltung zu erwischen, dann kann man nicht den Spiegel manuell hochdrücken wie bei der F5, oder immer zweimal auslösen wie beim EOS-System.

Da die modernen Kameras heute ja alle 20-30 Individualfunktionen haben wäre es ideal, die Spiegelvorauslösung über 2 Funktionen zu steuern: einmal so wie Canon es jetzt macht, eben das man mit dem ersten Auslösen den Spiegel hochdrückt und mit dem zweiten die Aufnahme belichtet; und dazu als Alternative eine zweite Individualfunktion, wo man nur einmal den Spiegel hochdrückt und dann so viele Belichtungen macht wie notwendig sind und danach erst - etwa durch ausschalten der Kamera - den Spiegel wieder herunterklappt.

Warum fragt eigentlich die Fotoindustrie nie die Fotografen, was diese brauchen? Nikon hat jetzt zum Beispiel auf der PMA in USA die Fotohändler gefragt, welche Objektive Nikon wohl mit einem Bildstabilisator versehen sollten. Mein Gott - die Fotohändler fragen...! Als ob die wüßten, was die Fotografen brauchen. Ein Fotohändler weiß nur, wieviel Jahresbonus er von welchen Firmen bekommt und das es zuwenig ist. Warum fragt man nicht die Fotografen? Mich hat noch nie eine Firma gefragt, was Natufotografen für Wünsche an die Industrie haben. Wahrscheinlich fragt man auch sonst niemanden (außer die Fotohändler). Vielleicht sind auch nur so die oft unverständlichen Entscheidungen von Nikon und Canon zu begreifen.

Was ich sonst noch für dieses Bild einsetzte, war der 'Blitzfolgezeitverkürzer Nikon SK-6'. Hiermit kann man die Abstände zwischen den einzelnen Blitzaufnahmen auf die Hälfte reduzieren. Wenn man etwa ohne zwei Sekunden warten muß bis der Blitz aufgeladen ist, kann man hiermit die nächste Aufnahme schon nach einer Sekunde machen, was eine feine Sache ist. Die moderne Technik ist ja etwas wiedersprüchlich: Da haben wir Kameras die machen 4-6-8 oder sogar 10 Bilder in einer Sekunde, aber der Blitz braucht 6 Sekunden zum aufladen,

Hier hatte ich also 3 'Blitzbeschleuniger' im Einsatz: Erstens der Televorsatz, der den Blitzenergiebedarf um 2 Blendenwerte reduzierte, dann die Unterbelichtung um 1.7 Blenden durch die entsprechende Einstellung am Blitz, weil ich ihn ja nicht als Vollblitz, sondern nur als Aufhellblitz benutzen wollte, um einen Lichtpunkt ins Auge des Spechtes zu bekommen, und drittens eben den Nikon SK-6. Alle drei zusammen bewirkten, daß es keine Aufladezeiten gab - ich konnte kontinuerlich blitzen ohne Pausen machen zu müssen. Das war natürlich sehr angenehm.

 

Hier das Arbeitsfoto, welches einen Überblick über das eingesetzte
Handwerkszeug gibt:

F5, 4.0/600 mm, 1,4x Konverter, die Kamera ist mit dem Burzynski
Hochformatwinkel auf dem zweiten Stativ befestigt.
Die Burzynski-Schiene unter dem Objektiv hat zwei Aufgaben: erstens
ist dadurch die Einheit Objektiv/Kamera auf dem Stativ keine Wippe mehr,
sondern hat eine zweite Abstützung am Ende des Objektivs, und
zweitens kann man sie in der Schnellwechselplatte verschieben,
und dadurch die Einheit Objektiv/Kamera immer im
Schwerpunkt halten. Je nach dem, ob man
eine leichte oder schwere Kamera benutzt, oder
ohne Konverter arbeitet oder mit dem 1,4x oder 2x Konverter.
Denn jedes Mal verlagert sich der Schwerpunkt der Ausrüstung.

Wer an den technischen Hilfsmitteln interessiert ist, kann Unterlagen zum Blitzhalter,
zum Hochformatwinkel und zur Kameraschiene bei 'Naturfotografie Spezial-Zubehör Rainer Burzynski,
und zum Teleblitz-Vorsatz bei ISAR-Foto Bothe anfordern. Adressen unter 'Links'.

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Hier noch einmal das Motiv mit 600 mm, 840 mm und 1.200 mm fotografiert.


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