Bulletin 28.8.04


Fritz Pölking

Wahnsinn!

Mein Schwarzweiß-Archiv habe ich schon seit Jahrzehnten in einen trockenen Keller verbannt, weil es praktisch tot ist - mausetot. Selbst das schwarzweiße Siegerbild welches drei Eisvögel zeigt, und das in England 1978 den Titel 'Wildlife-Fotograf des Jahres' schaffte, will schon seit 20 Jahren niemand mehr drucken.

Jetzt brauchte ein Bekannter eine Vergrößerung von einem uralten Foto, und ich stieg dafür in den Keller.

Dabei entdeckte ich etwas, das ich schon lange vergessen hatte: Vor meiner Diazeit, in den allerersten Anfängen, hatte ich auf Farbnegativfilm fotografiert. Der Film war grauenhaft und hieß damals Agfa CN-17, was bedeuten sollte, er hatte 17 DIN, was heute 50 ISO sind. Es war ein 'blanker', unmaskierter Negativfilm, der noch nicht diese gelbe Sonderschicht von Kodak hatte, welche die meisten vielleicht  von heutigen Farbnegativfilmen kennen.

Das war so 1950, und Agfa lief damals schon auf dem Filmsektor der Entwicklung hinterher (ebenso mit dem Filmformat 'Rapid'), bis der Todeskampf jetzt endete mit einem (vordergründigen) Verkauf der Fotomarke Agfa an eine unbekannte Firma für 217 Millionen Euro. In Wirklichkeit hat Agfa die 217 Millionen Euro der neuen Firma als Kredit gewährt (den sie sicher nie zurückbekommt), und wird die Fotografie jetzt einfach abschreiben. Damit ist also endlich auch die letzte deutsche Fotofirma - so gut wie - tot. Rollei, Voigtänder, Leica, Linhof, Zeiss, Novoflex, Edixa, Perutz, Adox, Agfa, Wirgin usw. hätten Manager gebraucht, wie sie die deutsche Autoindustrie hat, dann wären sie sicher nicht völlig vom Markt verschwunden, oder nur noch ein Schatten ihrer selbst... schade.

Ganz am Anfang mit meiner ersten Kamera, einer Agfa Isolette 6x6 (so um 1950), hatte ich die glorreiche Idee, doch am besten Negativfarbfilm zu nehmen, weil ich davon selber Schwarzweiß- und Farbvergrößerungen machen, und durch umkopieren auch Dias bekommen könnte, also drei Fliegen mit einer Klappe schlagen...? Clever was...?

Es dauerte natürlich nicht lange bis ich merkte, das dieser Weg doch nicht so toll war wie ich dachte, aber aus den Jahren 1950 bis 1955 fand ich jetzt im SW-Archiv noch einige Farbnegative 6x6 cm, die ich so zwischen 1952 mit 1955 mit einer zweiäugigen Rollei 6x6 fotografiert hatte. Damit machte ich auch meine ersten Tieraufnahmen, unter anderen diesen grauen Fliegenschnäpper, wie er damals hieß. Inzwischen habe ihn die Ornithologen ja in Grauschnäpper umgetauft.

   

Grauschnäpper (Grauer Fliegenschäpper),
Rolleiflex 6x6, 3.5/75 mm, Agfacolor CN-17,
 Fernauslöser, Greven i.W., 1953.

Er hatte sich bei uns Zuhause auf dem Hof in einer Pappel ein Nest gebaut, und da fotografierte ich ihn, wie er mit Material kommt um das fertige Nest auszubessern, ausgelöst mit einem 10 Meter langen 'Rowi pneu Fernauslöser'. Das war ein Gummiball mit einem zehn Meter langen Schlauch und vorne einem Drahtauslöser, der durch den Luftdruck der entstand, wenn man den Gummiball zusammendrückte, das Bild auslöste. Das war damals 'High-Tech'.

 Mein allererstes Wildlifefoto war 1952 ein Star mit einer Kirsche im Schnabel. Das Bild war ziemlich schlecht. Dieses hier war eines der ersten Tierfotos, das mir gefiel - vor 50 Jahren. Der Vogel saß schön und ich fand die ganze Situation sehr natürlich. Die Farben können natürlich keinen Vergleich zu heutigen Velvia-Dias aushalten, aber damals..

Seit dieser Zeit ist viel passiert, und jetzt habe ich einfach mal aus dem 6x6 Farbnegativ einen Ausschnitt genommen, den in einen KB-Diarahmen gesteckt und in der Nikon Coolscan 4000 ED geschoben, auf Negativ und Farbe eingestellt und gescannt. Das Ergebnis: Aus einem uralten, vergammelten Farbnegativ von 1953 wird ein  Datensatz mit 50 MB und 300 dpi, dem man sein Alter zwar ansieht, aber immerhin..

Was ist wohl mit den 8 MB RAW oder 24 MB TIFF-Datensätzen meiner heutigen EOS Mark II im Jahre 2054? Und wie wird sich ein 8 MB Datensatz von heute gegen die 800 MB Datensätze von 2054 behaupten können? 

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