15. März 2007

 

Auf der Lauer

 

 

Fritz Pölking 
ist gerade 
mal zu Hause
 

 
Wir haben
ihn besucht

 

 

Wenn Sie auf eine Feier gehen: Werden Sie auch immer gefragt, ob Sie „ein paar Fotos machen" können?

Fritz Pölking: Eigentlich nicht. Meine Frau ist Portraitfotografin, die wird gefragt.

Würde Ihnen das liegen?

Pölking: Ich hatte früher in Münster ein Fotostudio auf der Warendorfer Straße. Da haben wir viele Hochzeiten fotografiert, in der Kirche, im Standesamt, im Studio. Rein beruflich, nicht, weil's Spaß macht. Spaß macht es mir persönlich mehr, Tiere zu fotografieren.

Was sind denn die größten Unterschiede zwischen dem Fotografieren einer Hochzeit und Ihrer Arbeit?

Pölking: Der Hochzeitsfotograf wird sofort bezahlt. Zweitens: Er weiß genau, wann er wo sein muss, er zieht seinen Stiefel durch und fährt wieder nach Hause. Ein Naturfotograf muss sich seine Motive suchen, er muss hinterherfahren, -fliegen, -laufen.

Wie unterscheidet sich der künstlerische Anspruch?

Pölking: Ich bezeichne mich mehr als einen Fotojournalisten und bin deshalb der Wahrheit verpflichtet. Der Künstler kann machen, was er will. Der Hochzeitsfotograf versucht, das Brautpaar so attraktiv wie möglich zu fotografieren, da zahlen die ja für.

Technik, Kreativität, Geduld - was ist das Wichtigste für einen Naturfotografen?

Pölking: Technik, Kreativität und Geduld (lacht). Man braucht das natürlich alles. Und Wissen! Wenn Sie nicht wissen, wie die Tiere sich verhalten und wo Sie sie finden und wie Sie sich benehmen dürfen, kriegen Sie auch keine guten Bilder.

Sie waren letztens in Florida, jetzt gerade in Tansania und Ruanda: Was treibt Sie nach all den Jahren noch an?

Pölking: (überlegt) Naturfotografie ist das Einzige im Leben, das mich wirklich interessiert. Warum soll ich zu Hause sitzen und mir „Wetten dass" oder „Gute Zeiten, schlechte Zeiten" anschauen?

Was haben Sie diesmal erlebt?

Pölking: In der Serengeti war die Zeit, in der die Weißbartgnus ihre Kälber bekommen. Es gibt zwei Millionen Weißbartgnus im Moment, und 500 000 sind Weibchen, die alle im Februar ihre Jungen bekommen. Die bekommen sie alle gleichzeitig, weil die Verluste durch die Löwen und Hyänen nicht so groß sind. Und weil wir nun schon mal in Tansania waren, sind wir anschließend nach Ruanda geflogen.

Was gab's da?

Pölking: Da leben die letzten 700 Berggorillas, die es auf dieser Welt überhaupt noch gibt. Das ist übrigens eine der größten Schanden für die Menschheit, aber niemanden interessiert es. Nur in der beschissensten Gegend, wo kein Mensch leben will, wo es dauernd regnet und dauernd neblig ist, gestatten wir den letzten 700 Berggorillas -  neben den Schimpansen unsere nächsten Verwandten -, vor sich hin zu vegetieren.

Dabei gehören die Berggorillas nach dem Film „Gorillas im Nebel" noch zu den bekannteren der bedrohten Tierarten.

Pölking: Na ja, die Leute schauen sich den Film an, sagen „ganz nett", und dann schalten sie um zu „Deutschland sucht den Superstar".

Was erwarten Sie von den Menschen?

Pölking: Sehen Sie mal: Wenn wir zehn Millionen Dollar pro Tag im Irak ausgeben, dann sind das 300 Millionen Dollar im Monat. Wir brauchen nur die 300 Millionen Dollar von einem Monat Irak-Krieg zu nehmen, dann könnten wir den Berggorillas einen hundertmal so großen Lebensraum schaffen. Das sind wir eigentlich unserer Verwandschaft schuldig.

Wie können Sie etwas dazu beitragen?

Pölking: Indem ich die Fotos mache und veröffentliche - und indem ich Ihnen so was erzähle und das dann vielleicht in den WN erscheint.

Was fehlt Ihnen noch?

Pölking: Ich war noch nie in Australien. Ich habe mich immer gescheut, 22 Stunden im Flugzeug zu sitzen. Ich hab's noch vor, aber das ist nicht aktuell.

Was ist denn aktuell?

Pölking: (überlegt) Ich habe was ganz Tolles vor nächsten Monat - aber das ist geheim. (lacht).

Der Naturfotograf Fritz Pölking

Mit einer Schwarzdrossel fing alles an. Fritz Pölking war 15 und fotografierte den fliegenden Kirschdieb im heimischen Grevener Garten: „Seit der Zeit bin ich Naturfotograf." Jetzt ist Fritz Pölng 71 Jahre alt und einer der profiliertesten Naturfotografen der Welt. Andauernd fliegt der Grevener um die Welt, um wilde Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum abzulichten. Seine Fotos zieren nicht nur unzählige Titelseiten von Zeitschriften, Büchern und Kalendern wie „National Geographic" ,,Tierfreund`, „Gong" und „,Guinness Buch der Tierrekorde", sondern auch in selbst verlegten Büchern und auf der eigenen Homepage.

Neben seinen großartigen Fotos zeichnet Pölking aus, dass er sein Wissen und seine Erfahrungen nicht für sich behält. Anleitungen zur Kameratechnik und der Suche nach guten Gelegenheiten für anspruchsvolle Naturfotografie machen seine Bücher und seine Seite im Internet zu einer wahren Fundgrube für ambitionierte Fotografen.

Gunnar A. Pier, 
Westfälische Nachrichten, 14. März 2007



 

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