Fritz Pölking

Vorschläge für die Zukunft

Zur Zeit sind wir Naturfotografen ja leider noch sterblich, da es mit dem überspielen des in unserem Gehirn gespeicherten Ichs auf eine haltbarere Festplatte als die jetzige - die ja leider aus leichtverderblichem Fleisch besteht -, wohl noch 50 oder 100 Jahre auf sich warten läßt.

Was aber keine große Sache ist, da uns unsere Religionen ja sowieso ein ewiges Leben versprechen. Und ich hoffe mal, daß die schwarzen Jungs in Rom ihre Versprechen halten, das alle braven Leute in den ewigen Himmel kommen.

Bei uns Naturfotografen gehe ich sowieso davon aus, dass wir ohne weitere Überprüfungen sofort in die beste Abteilung kommen.

Mir ist aber letztlich etwas aufgefallen: Bei einer Drei-Nationalparke-Tour im Spätherbst 2000 war ich die erste Woche im NP Berchtesgaden, die zweite im NP Bayerischer Wald und die dritte im NP Sächsische Schweiz.

Dabei fiel mir auf, das alle Leute im Urlaub mit ziemlich finsterer Miene und verkniffenem Gesicht herumlaufen. Man sieht ihnen überhaupt keine Freude an, dass sie nicht arbeiten müssen, sondern den Tag frei und nach Laune in herrlicher Landschaft genießen können. Anscheinend ist es etwas ganz fürchterliches, wenn man nicht arbeiten darf, sondern Urlaub hat.

Ich kann da nun überhaupt nicht mitreden, weil ich noch nie in meinem ganzen Leben auch nur einen Tag Urlaub gemacht habe. Ich kann das überhaupt nicht. Wenn ich nicht fotografieren darf, fühle ich mich wie ein Drogenabhängiger auf der Suche nach einem 'Schuß'. Die schlimmste Horrorvorstellung für mich ist, in einem Hotel zu sitzen oder auf einem Campingplatz im Wohnwagen und 'Urlaub' machen zu müssen.

Wenn ich aufstehe und gefrühstückt habe, muß ich los und ein Motiv suchen, um wenigstens e i n Bild an dem Tag zu machen. Es muß nicht mal sehr gut sein, Durchschnitt genügt schon. Dann ist der Tag für mich gerettet.

Einen 'richtigen', dreiwöchigen Urlaub würde ich nicht überstehen. Das hat mich nun etwas nachdenklich gemacht in Hinblick auf die Ewigkeit. Denn das ist ja doch eine verdammt lange Zeit.

Wenn ich jetzt mal davon ausgehe, daß uns unsere Kirche nicht seit 2000 Jahren irgendwelche halbseidenen Geschichten erzählt, sondern das alles was uns Rom berichtet Hand und Fuß hat, dann kann man doch wohl zu Recht davon ausgehen, daß die da oben sich schon einige Gedanken gemacht haben, was wir mit dieser endlosen Zeit - mir graust jetzt schon davor - genannt Ewigkeit, wohl anfangen können.

Aber, auch das habe ich gelernt, wenn alles irgendwann klappen soll, dann muß man den Mund aufmachen und Wünsche anmelden.

Denn zu meinem Erstaunen habe ich erfahren, daß die japanischen Techniker und Konstrukteure aus Tokio auf der Photokina in Köln gesagt haben, sie würden das 'Pölking-Objektiv' jetzt in Angriff nehmen. Mein Schreiben und Nörgeln über viele Jahre hinweg hat also anscheinend doch geholfen, und es kommt jetzt vielleicht wirklich ein 4.5/200-600 mm AF-Telezoom in erträglichen Dimensionen und einem freundlichen Gewicht von wenigen Kilo.

Da das also anscheinend funktioniert, will ich auch hier mal Vorschläge machen, was man den 'da oben' tun soll, um Naturfotografen die Ewigkeit etwas erträglich zu machen:

Also als Mittelpunkt des Ewigkeitsdorfes für Naturfotografen, wo wir alle für immer (Muß es wirklich für immer sein? 10.000 Jahre würden doch wirklich mehr als reichen) untergebracht oder einquartiert werden, stelle ich mir die Insel Sanibel vor.

So wie sie jetzt ist, vielleicht noch mit einem Perkins Family Restaurant und einem Restaurant Golden Coral, weil die immer so ein schönes Selbstbedienungsbüffet haben.

Jerrys Restaurant ist ja ganz gut, aber etwas Abwechslung in der endlos langen Ewigkeit kann ja nicht schaden. Dann hätte ich gerne auf Sanibel noch eine große Barnes & Noble Buchhandlung, damit man für die Zeitschriften und neuen Bildbände nicht immer bis Ft. Myers oder Neaples fahren muß. Dann würde ich es auch gerne sehen, wenn der Vogelfelsen von Venice, die vier Weißkopfseeadler-Horstbäume von Cape Coral und der 3.5 km lange Holzsteg vom Audubon Corkscrew Swamp Wildlife Sancturary nach Sanibel verlegt würden, dann wäre diese Insel ziemlich perfekt. Naturfotografie der kurzen Wege - darauf sollte man auch in der Ewigkeit achten.

Im Norden der Insel ist ja eine lange und schöne Brücke zum Festland hin. Die könnte man lassen, aber das Festland dahinter hätte ich gerne ersetzt durch - sagen wir - Süd-Georgien, mit all den Pinguinen, Albatrossen und Sturmvögeln. Das wäre nicht schlecht: Man verläßt in der Naturfotografen-Ewigkeit Sanibel, fährt über die jetzige Brücke im Norden der Insel und ist in der Sub-Antarktis.

Im Süden hätte ich dann gerne eine kurze Brücke und gleich dahinter das Ökosystem Masai Mara-Serengeti. Natürlich mit etwas gepflegteren Wegen und bitte ohne 'normale Himmelstouristen', sondern nur geöffnet für ernsthafte Naturfotografen.

Westlich von Sanibel dann vielleicht ein großer Gebirgsnationalpark, zusammengesetzt aus den schönsten Teilen von NP Bayerischer Wald, der Bastei aus der Sächsischen Schweiz und dem Zentrum des Yellowstone NP, mit einigen Felsen aus dem Yosemite NP, sozusagen als Sahnehäubchen.

Was sollten wir über die vierte Brücke im Osten der Insel erreichen können? Vielleicht ein großes Wasser-Reservat in einer Mischung aus Pantanal, Galapagos und Everglades.

Wenn die Ewigkeit uns das bietet, dann kann man ja mal einen Versuch machen. Aber wie gesagt: Ich glaube das 10.000 Jahre mehr als genug sind. Ich fürchte nämlich, das es auf die Dauer selbst im Himmelsparadies ganz schön langweilig werden kann. Und ob das Fernsehprogramm da oben besser ist, wage ich auch zu bezweifeln.

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