Probleme

Ende August/Anfang September dieses Jahres fotografierte ich früh am Morgen diesen Schmetterling. Erstes Problem bei solchen Aufnahmen ist immer der Hintergrund. Damit er schön ruhig wird, nimmt man am besten Blende 4.0 oder 5.6. Damit aber der Schmetterling in der Tiefenausdehnung scharf genug wird, nimmt man am besten Blende 32.

Dann ist aber der Hintergrund so unruhig, dass es einen graust. Man muß also immer versuchen einen Kompromiss zu finden, bei dem das Tier ausreichend tiefenscharf wird, der Hintergrund aber noch erträglich ruhig bleibt. Meistens liegt der bei Blende 8.o oder 11.

Zweites Problem ist die Bildschärfe. Sie wird bei solchen Motiven wie diesem durch Luftzug und Spiegelschlag gefährdet. Gegen den Einfluß des Spiegelschlages setzt man am besten die Spiegelvorauslösung ein. Wenn die Kamera keine hat, hilft auch ein auf Kamera und Objektiv gelegter Sandsack.

Gegen den Luftzug - auch Wind genannt - hilft nur Geduld haben und die Momente abwarten, wo die morgendlichen Luftbewegungen - durch die Erwärmung nach der Kühle der Nacht - eine Pause machen.

Hier bewährt sich sehr gut die EOS-Spiegelvorauslösung, weil sie mit allen Belichtungsprogrammen arbeitet, und der Spiegel nach jeder Aufnahme wieder in die Ausgangsposition zurückkehrt.

Mit allen Programmen ist von Vorteil, weil ich so früh am Morgen - gleich nach Sonnenaufgang - gerne die Zeitautomatik nehme statt Manuell, weil sich früh am Morgen die vorhandene Lichtmenge rasant ändert, und man bei Manuell immer die Belichtung nachkontrollieren muß.

Das man durch den sofort zurückschwingenden Spiegel die Schärfe nach jedem Bild kontrollieren kann, ist bei solchen Motiven oft von Vorteil, weil sich die Position von Pflanze und Schmetterling ja durch den leisesten Windhauch ändert, und sie nur theoretisch bei eintretender Windstille in die alte Position zurückkehrt.

In der Praxis bleibt sie aber oft 1-2 mm neben der alten Stellung stehen, wahrscheinlich weil die Pflanze 50 cm hoch ist, und sich durch die vom Wind ausgelösten Bewegungen unten irgendwo in anderen Pflanzen verhakt, und deshalb nicht ganz exakt die alte Position wieder einnimmt. So kann man durch den zurückschwingenden Spiegel nach jedem Bild kontrollieren, ob man nachfokussieren muß oder nicht.

Bei 'platzstabilen' Motiven (Pilze, Landschaften) wäre es aber besser, der Spiegel würde oben bleiben nach der Aufnahme. Denn dabei macht es wenig Sinn, nach jeder Aufnahme den Spiegel neu hochzudrücken. Es wäre also sehr hilfreich für die Naturfotografen, wenn man bei den nächsten EOS-Modellen zwei Spiegelvorauslösungen über die Individualfunktionen vorsieht.

Drittes Problem bei diesem Bild war die korrekte Belichtung. Nach 'Gefühl' war das Motiv 0.3 Blendenstufen heller als der mittlere Grauwert, wäre also ohne mein Eingreifen etwas zu dunkel geworden. Da der verwendete Velvia-Film seit Jahren bekanntermaßen 1/3-Blende zu dunkel abbildet, mußte ich für ihn noch 1/3-Blendenstufe korrigieren. Da meine EOS-1 V vom Werk aus auch sehr knapp eingestellt war, mußte ich für die auch noch +0.3 zugeben, also alles in allem - um ein korrekt belichtetes Dia zu bekommen - eine ganze Blendenstufe länger belichten als die Technik eigentlich vorsah.

Da ich nicht gerne früh am Morgen um 5.00 Uhr aufstehe, um dann zwei Tage später an Hand der entwickelten Dias zu sehen, daß alles für die Katz war - weil falsch belichtet -, machte ich Belichtungsreihen von diesem Schmetterling - der erfreulicherweise über eine Stunde sitzenblieb - mit plus o.3, minus o.3 und +/- 0.0.

Frage: Soll man solche Motive nicht besser blitzen? Ist doch viel einfacher! Erstens wird man Probleme mit dem Hintergrund bekommen (schwarz). Zweitens wirken Blitzaufnahmen leicht steril und künstlich. Drittens wollen wir ja eigentlich Naturdokumente schaffen, also alle möglichen Facetten - auch des Lichtes - in der Natur zeigen, und nicht gleichbleibendes, einförmiges Blitz-Licht, egal ob es 6.oo Uhr, 7.00 Uhr oder 12.oo Uhr ist. Das ist nicht die Natur, also sollte man Blitzlicht vermeiden, wann immer es geht. Ein schönes Beispiel wie rasant sich das echte Licht (also die Farbtemperatur) ändert, kann man an diesen beiden Aufnahmen sehen, die nur im Abstand von etwa 15 Minuten entstanden sind, und zwar auf demselben Film. Also keine Emulsions- oder Entwicklungsunterschiede. So ist die echte Natur, die wir ja im Bilde zeigen wollen, so gut es eben geht...


Links vor Sonnenaufgang, rechts nach Sonnenaufgang -
zwar noch im Schatten, aber trotzdem schon eine
frappierende Farbveränderung.

EOS-1 V, 3,5/180 mm, Fujichrome Velvia-50 (belichtet wie 40 ISO), Spiegelvorauslösung, ca. Blende 8.0 -11.0, Zeitautomatik mit ca. 1/4 sek., Gitzo Carbonstativ G-1349 mit Kirk Kugelkopf BH-2, September 2000.

 

Etikett für den Diarahmen:

Hauhechel-Bläuling, -Polyommatus icarus-
Common blue, (September), Golden-
stedter Moor (bei Vechta), Deutschland
Original-Photo & © 2000: FRITZ PÖLKING
Ein Naturdokument - nicht arrangiert oder manipuliert

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