Seit der
Jahrtausendwende lag die digitale Fotografie sozusagen in der Luft'.
Aber sie kam so recht nicht in die Gänge. Jeder wusste, dass dies
die Zukunft der Fotografie ist, aber außer ausgesprochenen
Computerund Photoshop-Freaks wollte niemand so recht auf den Zug
nach Digitalien aufspringen. Die Kameras waren nicht so toll und
hielten keinen Vergleich aus mit analogen SLR-Kameras, die
Peripheriegeräte waren auch nicht berauschend.
Das Hauptproblem aber war: Man wusste
nicht so recht, was man mit den Datensätzen anfangen sollte.
Redaktionen und Verlage waren nicht begeistert davon, Bildagenturen
hatten weiterhin lieber Dias. Die Fotozeitschriften berichteten
fleißig, aber irgendwie sprang der Funke nicht über.
Im Sommer 2002 habe ich mir dann
endlich meine erste digitale SLR gekauft, die EOS-60 D mit etwa 6
Megapixel. Verglichen mit meiner analogen E05-1 V war das nicht viel
mehr als eine Blechdose und konnte mich in keiner Weise begeistern.
Im August 2002 musste ich dann nach
Neu-Mexiko, um etwa 250 Meter unter der Erdoberfläche die Höhlen
im Carlsbad Cavern Nationalpark zu fotografieren. Da arbeitete ich
eine Woche mit Diafilm und hatte die 60 D eigentlich mehr so als
Spielzeug mitgenommen. Die Arbeitsbedingungen waren schwierig: Der
Kalkstein wurde mit neutralem Licht angestrahlt, leuchtete aber in
allen Farben von braun über rot bis grün und blau, je nach
Zusammensetzung. Die Höhlen waren schwarz, die Felsen weiß bis
gelb, die Belichtung schwierig und es war auch mit viel Fantasie
schwer zu sagen, wie die Dias wohl aussehen würden. Eine
Diafilm-Entwicklung gab es nicht im Umkreis von 500 km und so war
ich froh, dass ich mit der digitalen SLR Probefotos machen konnte,
sozusagen digitale Polaroids, um zu sehen, wie die Farben und die
Belichtung denn wohl kommen würden.
Da entdeckte ich zum
ersten Male in der Praxis, welche ungeheueren Vorteile die digitale
Fotografie hatte und haben würde.
Auch im Herbst 2002 in
Neu-England im Acadia Nationalpark fotografierte ich weiterhin
analog und machte nur so nebenbei einige digitale Bilder. So recht
erwärmen konnte ich mich immer noch nicht für diese Art
Fotografie, vor allem weil mir auch der gesamte Workflow nicht so
recht klar war und der Markt auch immer noch nicht wirklich digitale
Datensätze haben wollte. Warum also eine fantastische analoge SLR
mit bewährten Diafilmen aufgeben, um mit einer wesentlich
schlechteren Kamera digital zu fotografieren?
Im Herbst 2003 machte
ich eine Fototour vom Yosemite Nationalpark über Death Valley und
die Antelope Canyons bis hin zum Arches Nationalpark. Meine Idee war
jetzt, zweigleisig zu fotografieren: alles auf Diafilm mit der EOS-1
V und gleichzeitig als Datensätze mit der neuen EOS-300 D. Die Idee
war schlecht. Es machte mir überhaupt keinen Spaß, erst alles mit
der Vollformat 1 V mit ihrem fantastischen Sucher aufzunehmen, um
dann anschließend die Bilder noch einmal mit der 300 D zu
fotografieren. Es lief wieder darauf hinaus, dass ich alles auf
Diafilm machte und nur wenige digitale Bilder.
Ende 2003 kam dann die
Meldung, dass Canon im April 2004 die erste vernünftige digitale
SLR für Naturfotografen bringen wollte, unter dem Namen EOS-1 D
Mark2, mit 8.2 Megapixeln, 8,5 Bildern pro Sekunde, einem schönen
großen, hellen Sucher und einem soliden Gehäuse.
Daraufhin fasste ich
folgenden Entschluss: 2004 wollte ich das ganze Jahr digital
fotografieren, auch weil ich eingesehen hatte, dass ich nicht
zweigleisig fahren kann, analog und digital, um dann Ende 2004 zu
entscheiden, ob ich für den Rest meines Lebens nur noch mit Diafilm
arbeite oder nur noch mit Datensätzen.
Wie gesagt, die
Testphase sollte 12 Monate währen. Aber schon im April war mir
klar, dass ich keinen Diafilm mehr anfassen würde, zum einen weil
digital einen Riesenspaß macht und zum anderen weil man abends am
Notebook die Ernte des Tages sichten, aus Fehlern sofort lernen und
misslungene Fotos oft am nächsten Tag wiederholen kann.
Ich war endgültig angekommen im
Lande Digitalien.